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DVZ Artikel - Nach dem Start nicht gleich "just im Stau"

Während in vielen Teilen Deutschlands durch zu geringe Investitionen in den vergangenen Jahren die Qualität der Verkehrswege dramatisch gelitten hat, scheint im Osten nach den zwei Jahrzehnten des Aufbaus nunmehr eine andere Welt entstanden zu sein.

DVZ Sonderbeilage Mitteldeutschland v.19.11.2013

Während in vielen Teilen Deutschlands durch zu geringe Investitionen in den vergangenen Jahren die Qualität der Verkehrswege dramatisch gelitten hat, scheint im Osten nach den zwei Jahrzehnten des Aufbaus nunmehr eine andere Welt entstanden zu sein. "Wir haben den großen Vorteil, dass wir morgens nicht vom Hof rollen und typischerweise kurz hinter der Autobahnauffahrt im Stau stecken bleiben", sagt Sven Köcke, Vorsitzender des Logistikbeirats der Landesregierung Sachsen-Anhalts und Sprecher der Finsterwalder Transport und Logistik GmbH in Halle/Saale.

Autobahnen saniert

Seit dem Fall der Mauer wurden zwischen Stendal, dem Ostharz und Halle praktisch alle vorhandenen Autobahnen saniert und ausgebaut, darunter die wichtige Nord-Süd-Achse der A9 und die Ost-West-Trasse der A2 dreispurig in jede Richtung. Dazu kommen Neubauten wie die A38, die von Göttingen am Südharz vorbei nach Halle und Leipzig führt, die A14, die eine Verbindung zwischen Magdeburg und Halle ermöglicht, sowie die erst vor kurzem in Betrieb gegangene A71 vom Südharz nach Thüringen. Dazu kam der Neubau der vierstreifigen B6n am Nordharz bis nach Bernburg. Die gut ausgebaute und ausreichend dimensionierte Infrastruktur bringt dem Verkehrsgewerbe einen deutlichen Kostenvorteil, weil der LKW in der Stunde immer rund 80 EUR Kosten verursacht - diese aber auch schnell wieder einbringt, wenn er nicht im Stau steht.

"Leider hat der qualitative Zustand der kommunalen Infrastruktur mit dem überregionalen Angebot nicht Schritt gehalten. Vor allem die knappen Kassen der Kommunen führen immer wieder zu Behinderungen auf der letzten Meile", kritisiert der Vorsitzende des Logistikbeirats des Landes. "Wir beobachten auch, dass es immer schwieriger wird, für die notwendigen Ergänzungen des Autobahnnetzes, etwa bei der Verlängerung der A14 in Richtung Schwerin oder bei der Westumfahrung von Halle, das Baurecht zu erlangen", bemängelt Köcke. Schuld sei hier nicht die Finanzierung, sondern die nach seiner Ansicht immer weiter ausufernden Einwände von Vertretern des Umweltschutzes. "Die rechtlichen Grundlagen des Verbandsklagerechts werden hier extrem zulasten der Wirtschaft ausgereizt; da zählt nicht, was drei gewählte Landtage und der Bundestag beschlossen haben, sondern was einige regionale BUND-Funktionäre für richtig halten", erzürnt sich Köcke.

Die Folge sind Verzögerungen der genannten Fernstraßenbauten um bereits bis zu 20 Jahre und ein enormes Anwachsen der Kosten, weil mit extrem großzügig dimensionierten Schutzbereichen für Lurch, Fledermaus und Co. geplant werden muss. Allerdings bleibt sein Fazit insgesamt äußerst positiv, nicht zuletzt weil sich immer mehr Unternehmen mit Logistikzentren in der Region ansiedeln.

Fokus Schkeuditzer Kreuz

Hier ragt vor allem der Wirtschaftsraum Halle/Leipzig mit dem Schkeuditzer Autobahnkreuz hervor, wo inzwischen unter anderem Rossmann, Kaufland, Nagel Group oder die Hagebau-Gruppe ihre regionalen Distributionszentren aufgebaut haben. "Wir haben hier etliche Lager, in denen auch für die benachbarten osteuropäischen Märkte kommissioniert und verladen wird, was natürlich unser Geschäft als Spediteur beflügelt", berichtet Köcke.

Als ebenfalls überdurchschnittlich leistungsfähig bewertet der Spediteur inzwischen die Bahn in Sachsen-Anhalt, wobei mit dem begonnenen Bau des Umschlagbahnhofs in Halle für den Einzelwagenverkehr ein neues Hub entsteht, das rund 300 Mio. EUR kostet und den Transport von Fracht auf der Schiene auch über die Ganzzugverbindungen hinaus beschleunigen dürfte. "Das wird ein ganz wichtiger Umschlagknoten, für den auch im weiteren Umfeld die Infrastruktur ertüchtigt wird", freut sich Köcke. Zudem ist auch der Ausbau des "Schienengüterkorridors Ost" inzwischen auf gutem Wege. Auch sollten zusätzliche Umschlagkapazitäten für den Kombinierten Verkehr geschaffen werden.

Kaum Chancen für Saaleausbau

Hingegen sieht er derzeit angesichts der verfahrenen Debatte um den Ausbau der Saale kaum Chancen, dass sich auf absehbare Zeit die unbefriedigende Situation auf den Wasserstraßen des Landes südlich von Magdeburg verbessert. "Der Bedarf für Binnenschiffstransporte von und zu den deutschen Nordseehäfen ist durchaus vorhanden, aber auch hier hat eine falsche Vorstellung von Umweltschutz dazu geführt, dass die Verkehrsströme vor allem über die viel emissionsstärkere Straße abgewickelt werden", argumentiert der Spediteur.

Die Nähe zu Osteuropa hat nach Ansicht Köckes keine wesentlichen negativen Auswirkungen, etwa durch ein hier verstärktes Auftreten von Billigwettbewerbern mit entsprechenden Dumpinglöhnen. "Die Margen sind natürlich sehr gering, aber es hat jedes Unternehmen faire Wettbewerbsbedingungen. Und dass man diese nutzen kann, zeigt ja auch die Entwicklung der Finsterwalder Group, die inzwischen mehr als 1200 Mitarbeiter zählt und im nächsten Jahr mit dem Bau von Erweiterungsflächen beginnen wird."

Allerdings appelliert Köcke an die Verantwortlichen der künftigen Koalition, bei der Maut eine Entwicklung mit Augenmaß anzustreben. "Wir Spediteure wollen einen Rechtsanspruch auf das Abrechnen der LKW-Maut."

Problematisch bleibt die wachsende Kriminalität auf der Fernstraße. In den vergangenen Monaten mehrten sich Polizeiberichten zufolge die Raubzüge von Banden, die vor allem nächtliche Ruhezeiten auf den Rastplätzen nutzen. Die offenbar organisiert vorgehenden Kriminellen haben dabei nicht nur wertvolle Fracht von den Ladeflächen gestohlen, sondern auch erhebliche Schäden an den Aufliegern verursacht. (Quelle DVZ 19.11.2013 - jpn - Foto Mauritius Images)





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